Hund allein zu Haus – kann man das üben? (Teil 1 von 2)

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Das Thema „Alleinbleiben“ ist führ viele Welpen- und Hundebesitzer ein präsentes Thema. Es gibt Hunde, bei denen klappt das ohne größere Anstrengungen relativ problemlos. Andere haben damit mehr Probleme und müssen aktiv an dem Thema arbeiten. Natürlich möchte man möglichst viel Zeit mit seinem Vierbeiner verbringen, doch es gibt immer Zeiten, in denen man den Hund mal zu Hause lassen muss. Damit das gut klappt, sollte man diese Situation möglichst früh trainieren.

Zwar sind Finja und Summer keine Welpen mehr und mit ihren 6 und 6,5 Jahren aus dem Gröbsten raus (sind Labbis das je?), doch trotzdem ist das Thema für uns ein Wichtiges, das uns lange beschäftigt hat und immer noch beschäftigt.

Ein Blick in die Vergangenheit

Zum besseren Verständnis springen wir gedanklich aber erstmal zurück in den April 2013. Dort gab es in unserer damaligen Welpengruppe einen Aufruf, dass ein vorübergehendes Zuhause für eine schwarze Labradorhündin gesucht wird. Der Welpe war ca. 10 Wochen alt, gerade erst bei seiner Pflegefamilie eingezogen, wo er ein Jahr bleiben und dann mit ca. einem Jahr zum Blindenführhund ausgebildet werden sollte. Doch das Zusammenleben dort klappte ganz und gar nicht. Die Vorstellung der Pflegefamilie, wie denn das Leben mit einem Welpen sich gestaltet, schien weit von der Realität abzuweichen. Mehr wussten wir zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht.

Schon als Finja ca. ein halbes Jahr zuvor bei uns eingezogen war, konnten wir uns vorstellen, irgendwann zwei Hunde zu haben. Viele Ratgeber und auch der Verstand sagte uns aber, dass dies erst dann sinnvoll ist, wenn der Ersthund aus dem Gröbsten raus ist, deswegen gab es noch keine konkreten Pläne dahingehend. Es war jedoch klar, dass es aufgrund unserer Lebens-, Arbeits- und Wohnsituation keine Probleme geben würde, einen zweiten Hund dazu zu holen.

Zurück zu der Anfrage in unserer Welpengruppe. Wir hatten damals ziemlich engen Kontakt zu unserer Züchterin und irgendwie beschäftige uns der Aufruf so sehr, dass wir mehr über die süße schwarze Maus und die Hintergründe erfahren wollten. Wer würde mit einem so süßen Geschöpf nicht klarkommen? Wer würde bei diesem Hundeblick, den wir auf einem Bild erkennen konnten, nicht einige Umstellungen oder auch Strapazen auf sich nehmen, um ihm einen guten Start ins Leben zu bieten? 

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Ein Welpe in Not

Wir erfuhren, dass die Familie, die den Welpen damals aufgenommen hatte, sich nie ganz einig über einen Hund war. Der Vater, der sich einen Hund wünschte und die Anmeldung als Pflegefamilie voran getrieben hatte, war den ganzen Tag arbeiten. Die restliche Familie, so erfuhren wir, fand den Gedanken an einen Hund zwar vorher ganz nett, war aber im Alltag nicht bereit den nötigen Aufwand zu betreiben, den ein Welpe eben erfordert. Der Hund war eher geduldet als willkommen.

Und so kam es, dass dieser kleine Welpe schon mit ca. 10 Wochen täglich mehrere Stunden alleine gelassen wurde. Wir möchten und können nicht darüber urteilen, wie es zu diesen Umständen kam. Es steht aber außer Frage, dass dieser Zustand für einen Welpen als traumatisierend zu bezeichnen ist. Der Welpe ist es gewöhnt im Rudelverband zu leben, immer andere Tiere um sich herum. Nähe. Toben. Kuscheln. Schon der Auszug ist für den Hund eine krasse Umstellung an die er sich langsam gewöhnen muss. Diese Zeit wurde der schwarzen Maus nicht gegeben.

Zum Glück handelten Züchterin und Blindenführhundschule beherzt und ohne Aufschub. Eine Bleibe gab es bis dahin allerdings immer noch nicht. Nach Rücksprache mit der Züchterin und unserer Hundetrainerin haben wir beschlossen, den Welpen einige Zeit zu uns zu nehmen, bis eine neue Pflegefamilie für das erste Jahr gefunden war.

Noch bevor dies geschah, wurden wir gefragt, ob wir uns nicht auch vorstellen könnten, dass WIR genau diese Pflegefamilie für ein Jahr sein könnten. Relativ zügig, aber nicht leichtfertig trafen wir eine Entscheidung, die unser Leben auf jeden Fall beeinflußt hat.

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Aus drei werden vier

Wir hatten also jetzt neben Finja einen Patenhund, der uns nach einem Jahr verlassen und als Blindenbegleithund ausgebildet werden würde. 

Wir hatten keine besonderen Aufgaben, außer den Welpen ganz normal zu sozialisieren und ihm die Welt zu zeigen. Dieser Aufgabe kamen wir nach. Mit Finja waren wir eh viel unterwegs und gewöhnten sie an alle möglichen Situationen. Das Zusammenleben mit Finja klappte sehr gut und nach ein paar turbulenten ersten Tagen, in denen fast durchgängig gespielt und getobt wurde, kehrte auch etwas Ruhe ein.

Der Welpe machte sich wirklich gut, orientierte sich super an Finja und lernte einfache Kommandos dadurch sehr schnell, fast aus dem Nichts. Der Welpe war zudem absolut angstfrei und stürzte sich entsprechend mutig in jedes Abenteuer. Große Hunde, rumpelnde Mülltonnen, fliegendes Zeitungspapier und natürlich alle anderen Lebewesen – alles wollte ausgiebig und sofort inspiziert werden. „Hallo Welt, hier bin ich. Lass Dich umarmen.“ Finja war dagegen als Welpe deutlich bedachter und zeigte Respekt vor neuen, unbekannten Situationen. Allerdings zeigte sich die Offenheit hin und wieder etwas extrem. Die ansonsten guten Leinenführigkeit ging mitunter schlagartig und unerwartet verloren.

Dieses Verhalten ist für einen Blindenführhund natürlich nicht förderlich. Der Hund muss kontrolliert und berechenbar führen und darf nicht ruckartig dahin hechten, wo er gerade möchte. In Absprache mit der Blindenführschule legten wir daher einige Regeln und Übungen fest, damit sich dieses Verhalten nicht weitere ausprägte.

Zusätzlich zeigte sich sehr früh das Problem, dass der Welpe nicht gut allein bleiben konnte (wie kann man es ihm auch verübeln nach seiner ersten Familie.)… Trotz Finjas Gesellschaft und fleißigem, fast täglichen Training verursachte es stets Panik, wenn wir einmal die Wohnung verließen – selbst wenn es nur 2 Minuten waren. Bellen, Jaulen und gestresst vor der Tür liegen waren die Symptome dieser Angst vor dem Alleinbleiben. 

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Um es vorweg zu nehmen: Trotz aller Anstrengungen blieben diese Verhaltensmuster bestehen. Daher entschied die Blindenführschule nach einem abschließenden Test mit etwa einem Jahr, dass der Junghund nicht in die Ausbildung zum Blindenführhund geschickt wird. Zu viel Zeit hätte es gekostet, um die Probleme abzutrainieren. 

Und obwohl wir ganz am Anfang vertraglich bestätigt hatten, den Hund mit einem Jahr wieder abzugeben, kam die dann folgende Frage für uns einer Erlösung gleich: „Könnt ihr Euch denn vorstellen, den Hund zu behalten?“, fragte uns die Leiterin der Blindenführhundschule.

Wir mussten keine Sekunde überlegen, hatten wir doch in den letzten Wochen dem Moment, in dem der Patenhund uns wieder verlassen muss, mit tiefster Trauer entgegen geblickt. Es war ja von Anfang an klar und man konnte sich darauf einstellen. Und doch kann man dem Herzen nicht vorgeben, für wen es schlägt. Und Liebe kann man nicht wegrationalisieren. 

Jetzt waren wir also zu viert. Also so richtig. 

Wer es bisher nicht erraten oder geahnt hat: bei diesem schwarzen Wollknäuel handelte es sich um Summer, unseren schwarzen Labbiteufel. Und genau dieser war jetzt fester Teil unserer Familie.

Summer darf bleiben

Mit folgendem Bild verkündeten wir die freudige Nachricht. Alle freuten sich mit uns.

Summer darf bleiben
 
 

Durch die traumatische Zeit in der ersten Familie war Summers Problem auch nach fast einem Jahr bei uns immer noch groß und forderte uns immer wieder heraus. Denn so waren Kinobesuche oder längere Einkaufstouren von uns beiden nicht möglich. Bei Finja war es damals super leicht und sie hatte 0,0 Stress, wenn sie einige Stunden alleine sein muss. Denn wir hatten dies von klein auf trainiert und sie behutsam daran gewöhnt. Summer hingegen hatte immer direkt Panik und hat richtig geweint. Es war ihr egal, dass Finja bei ihr war, sie brauchte damals immer einen Menschen als Bezugspunkt. So war es ein wirklich langes und sehr kleinschnittiges Training mit ihr. Mittlerweile kann sie auch gut einige Stunden alleine bleiben, aber man spürt immer noch, dass es für sie eine Art Erleichterung ist, wenn das Rudel wieder zusammen ist.


Wie wir mit dem Thema „Alleinsein“ umgegangen sind, findet Ihr in Teil 2 von Summers Geschichte zum Thema Alleinbleiben.